Kostenstellen, Kostenträger, Dimensionen in Business Central bzw. Navision

Was macht eigentlich die Dimensionenbuchhaltung in Navision / Business Central? Es ist unglaublich, wie schlecht (oder gar nicht) einige Trainer dieses Turbogeile Feature von Navision oder Business Central versuchen zu erklären – oft erfolglos.

Fangen wir mal mit den Grundlagen an. In vielen Betrieben bedeutet heute noch KPI (Key Performance Indicators, Hochverdichtete Unternehmenskennzahlen) und Unternehmensauswertung „Betriebswirtschaftliche Auswertung“ nach dem Datev-Formblatt.
Eigentlich schade. Besonders, wenn man Navision & Business Central schon im Betrieb hat. Da sollte man mit Datev eigentlich gar nichts mehr machen, das ist in aller Regel doppelt gemoppelt und damit verschwendete Zeit & Geld.
Nun… kommen wir zurück zur „Betriebswirtschaftlichen Auswertung“. Und damit zur ersten Auswertungsebene: Dem Kontenplan.


Auswertungsebene / Auswertungsstufe: Kontenplan

Im Kontenplan finden Sie z.B. eine Position „Fahrzeugkosten“ (skr03 4500/Skr046500). Im einfachsten Fall buchen wir alles, was mit Betriebsfahrzeugen zu tun hat, auf dieses Konto. Das Ergebnis wäre dann dieses:

Screenshot für Erklärung Dimensionsbuchhaltung in Navision / Business Central erste Stufe Sachkonten
Beispiel für Eindimensionale Buchführung in Navision 2009R2

Wir haben in Business Central und Navision im ganzen Jahr nur eine Summe für alle Fahrzeugkosten. Wir wissen nicht auf Anhieb, was dafür Treibstoffkosten sind, was Reparaturkosten sind, was Anschaffungs- oder Unterhaltungskosten sind.

Das ist unbefriedigend. Viel schöner wäre es doch, wenn wir z.B. nach Betriebskosten und Standkosten unterscheiden könnten.

Also teilt man die Sachkonten auf:

Beispiel für Aufteilung von fahrzeugkosten im Kontenplan / Kontenrahmen, Beispiel aus Navision 2009 R2.
Beispiel für Aufteilung von Fahrzeugkosten im Kontenplan / Kontenrahmen aus Navision 2009 R2.

Nun haben wir bereits 2 Sachkonten. Was, wenn wir jetzt noch unterscheiden wollen zwischen Treibstoffkosten und Anschaffung? Ohne weiter Nachzudenken kommen wir dann schnell zu solchen Sachkonten für unsere Betriebswirtschaftliche Auswertung:

Erfassung von verschiedenen Fahrzeugkosten auf verschiedenen Sachkonten, Screenshot aus Navision 2009

…Und die nächste Stufe wäre dann die Aufteilung dieser Fahrzeugkosten in die verschiedenen Fahrzeuge:

Aufteilung von Sachkonten auf verschiedene Kostenträger statt Kostenträgerbuchhaltung / Dimensionenbuchhaltung zu benutzten
Der Wahnsinn: Aufteilung von Sachkonten auf verschiedene Kostenträger statt Kostenträgerbuchhaltung / Dimensionenbuchhaltung

Spätestens hier sollte jedem auffallen, dass dies ein Weg ohne Zukunft ist. Bei 4-stelligen Kontennummern werden uns sehr schnell die Sachkontonummern ausgehen, die wir jeweils zwischen den vorhandenen einfügen können. Benutzt man das KFZ-Kennzeichen statt „Chef“, so führt auch jeder Fahrzeugwechsel automatisch zu einem, zweien oder n neuen Sachkonten. Diese Art, Kosten (oder auch Erlöse) zu klassifizieren oder zu gruppieren ist … Nicht sehr klug 🙂

Dies war aber früher, in der Papierbuchhaltung, ein gängiges Vorgehen. Denn das Unterteilen von Buchungen nach anderen Kriterien („Kostenstellen“, „Kostenträger“) brachte keinen Vorteil. Im Gegenteil: Statt am Monatsende und Jahresende fertige Summen für die einzelnen Fahrzeuge ablesen zu können, hätte man erst aus den Einzelbuchungen mühsam die gewünschten Zwischensummen herauslesen müssen.

Stufe: Kostenträger in der Buchung mitgeben

Erst die EDV, und hier wortwörtlich die „Elektronische Datenverarbeitung“, ermöglichte es, einzelnen Buchungen sogenannte Buchungskennziffern mitzugeben. Und diese dann im Nachhinein auch auszuwerten. Hieraus entwickelten die Datenverarbeiter dann die nutzbare Form der Kostenstellen und Kostenträger. In der allgemeinen Welt dürfte dann die Datev Kostenstellen und Kostenträger als Begriffe eingeführt haben.

Der Trick: Jeder Buchung wird dabei ein Kostenträger (wir konzentrieren uns jetzt erst einmal auf Kostenträger in Business Central bzw. Navision, Kostenstellen kommen gleich) mitgegeben. Wir buchen nun nicht mehr auf 10 verschiedene Sachkonten, sondern nur noch auf eines… und geben der Buchung ein auswertbares Kennzeichen mit.

Anmerkung: Ab hier benutzte ich Business Central und Navision in der 2019er Spring release Version, mit dem RTC (Role Taylored Client) Windows Client. Natürlich gilt alles hier auch noch für die älteren Navision-Versionen wie 2009, 5, 4, 3.70. Ich glaube, mit 3.70 wurde die Dimensionsbuchhaltung in Navision eingeführt. Navision 2.01 kann z.B. nur die Kostenstellen/Kostenträger Buchhaltung… im Prinzip. Aber auch da geht schon mehr…

In den ersten Beispielen haben wir die Aufteilung der Sachkonten nach verschiedenen Kostenträgern (Fahrzeuge, Mitarbeiter, Maschinen, Gebäude…) vorgenommen. Nun werden wir die Sachkonten selbst nicht mehr aufteilen, sondern die Buchungen mit den Kostenträgern versehen.

Wir nehmen dafür wieder das Beispiel KFZ-Kosten, und werfen nun einen Blick auf Reparaturkosten. Wir halten dafür nur ein einziges Sachkonto 4540 KFZ Reparaturen vor. Aber wie bekommen wir dann die einzelnen Reparaturkosten für den Chef sein Mercedes, für der Frau Müller ihren Audi und dem Hr. Thöne seinen Skoda?

Wir erfassen direkt bei jeder Buchung, zu welchem Kostenträger diese Buchung gehört!

Screenshot aus Navision / Business Central RTC 2018/2019 für Kostenträgererfassung in der Fibu Buchblattzeile - geht im alten Navision genauso.
Screenshot aus Navision / Business Central RTC 2018/2019 für Kostenträgererfassung in der Fibu Buchblattzeile

Über „Saldo nach Dimension“ kann dann Navision & Business Central zu jeder Zeit per Fingerschnips die Salden nach den Kostenträgern darstellen:

Anzeige der Sachkontensalden in der "Saldo nach Dimension" Anzeige in Navision / Business Central RTC/Windows-Client
Anzeige der Sachkontensalden in der „Saldo nach Dimension“ Anzeige in Navision oder Business Central RTC/Windows-Client

…Und natürlich können Sie, wie Sie es von Navision gewohnt sind, auch jeden einzelnen Summenwert per Mausklick in seine Einzelwerte zerlegen. Auf Papier unvorstellbar, in Business Central oder Navision selbstverständlich.
Sie können diese Dimension/Kostenstelle/Kostenträger natürlich auf noch viel mehr Wegen nutzen und Auswerten, aber das soll hier erst einmal reichen.
Zusammenfassung: Mit Kostenträgern konnte in einem sehr schlanken, einfachen, ordentlichen Kontenplan / Kontenrahmen eine weitere Auswertungsebene erfasst werden – ohne die Ordnung im Kontenplan zu zerstören.

Stufe: Kostenstellen in Buchungen mitgeben

Obgleich „Kostenstellen“ viel bekannter sind als Kostenträger, ist doch die Kostenträgererfassung die am meisten verbreiteteste Form der Kostenaufteilung/Kostenerfassung/Kostenrechnung.
Nachdem diese technisch möglich war, entstand aber schnell Begehrlichkeit – Sie kennen das vielleicht von meinen Navisonschulungen: Wenn das geht, was geht denn da noch?
Und der naheliegendste Wunsch war wohl, dass die gleiche Technik auch für Kostenstellen (WO fallen die Kosten an? Verwaltung, Produktion, IT, England, Deutschland, Korea, Versand…?) einzuführen.
Das war dann natürlich auch technisch keine Schwierigkeit mehr. So hielt die Bezeichnung Kostenstellen Einzug in die Finanzbuchhaltung.

Technisch wurde einfach zusätzlich zum „Kostenträger“ auch die Erfassung für die „Kostenstelle“ ermöglicht, die Auswertungstechniken gab es nun ja schon.

Darstellung einer 2-Dimensionalen Matrix über Kostenträger und Kostenstellen zur gleichen Zeit
Darstellung einer 2-dimensionalen Matrix mit Kostenstellen und Kostenträger-Auswertung

In Business Central & Navision wurde das dann so weit getrieben, dass sogar eine 2-dimensionale Matrix mit Kosten pro Kostenstellen/Kostenträger Kombination ausgewertet wurde… alle einfacheren Auswertungen gingen ja sowieso.
Bitte beachten Sie, dass ich hier -fast nebenbei- den Begriff Dimension mit eingeführt habe!

Stufe: Dimensionen und Dimensionsbuchhaltung

Es müsste etwa so 2002 gewesen sein, als sich Microsoft (genauer: Damals noch Navision Dänemark) über diese Kostenstellen/Kostenträger in Navision (damals hieß es noch nicht Business Central) intensive Gedanken gemacht hat.
Was, wenn nun jemand nicht Null Dimensionen (reine Sachkontenaufteilung), Eine Dimension (z.B. nur Kostenstellen oder nur Kostenträger), 2 Dimensionen (Kostenstellen und Kostenträger) bebuchen will, sondern auch noch
-Umsatzregion
-Artikelart
-Verkäufer
-Projektnummer
-Sachbearbeiter
-Wetter/Temperatur (echt! Z.B: in Tierarztpraxen oder bei Allgemeinmedizinern, Tankstellen, Eisdielen…)
-Kundengeschlecht (Modegeschäfte)
-Kleidergrößen…
bebuchen will?
Und was war die Antwort? Warum denn nicht?

Damit wurde in Navision die Dimensionsbuchhaltung eingeführt (und im wesentlichen unverändert bis zum Microsoft Business Central 365 übernommen).

Mit dieser Technik können Sie
-Die Bezeichnungen der Dimensionen frei vergeben (ob etwas als eine Kostenstelle, ein Kostenträger, eine Schuhgröße, eine Farbe bezeichnet wird, bestimmen Sie)
-Die Anzahl der Dimensionen frei bestimmen. 0, 1 (Kostenträger oder Kostenstelle), 2 (Kostenträger und Kostenstelle, oder auch Schuhgröße & Außentemperatur in C°), 3, 4, 5 Dimensionen… ganz egal! Es gibt in Business Central oder Navision dafür keine Beschränkung.
Es gab nur noch ein Problem zu lösen: Wie nennt man diese neue Form der Buchungsklassifizierung?
Kostenstelle und Kostenträger war nun für diese völlig neue Technik (ich kenne kein anderes Buchführungssystem, welches diese Flexibilität erlaubt)viel zu starr und altbacken.
Weiter oben habe ich als Erklärung für die verschiedenen Ausrichtungen der Buchhaltung den Begriff Dimension genutzt. Vector oder Cube wäre auch gegangen. Aber 2-Dimensional (für Kostenstelle und Kostenträger) und dreidimensional (z.B. für Kostenstelle, Kostenträger & Verkäufer) kann sich noch jeder gut vorstellen. Und schon waren wir bei der Dimensionsbuchhaltung.

Fazit: Dimensionsbuchhaltung ist wie Kostenstelle und Kostenträger auf Ecstasy

Denn natürlich können Sie diese Technik nicht nur bei den „Kosten“ anwenden. Sie können dies auch bei den Erlösen anwenden! Und überall sonst auch!
Und… Sie können jedem Debitoren (Kunden), jedem Artikel, jedem Sachkonto, jedem Kreditoren (Lieferanten) direkt im Stamm eine oder mehrere Dimensionen mitgeben. Diese Einträge werden dann automatisch in jede Buchung, jeden Auftrag, jede Bestellung, jede Rechnung mit übernommen! Diese Daten brauchen Sie nicht jedesmal von Hand zu erfassen. Aber… Sie können!