Pragmatisches Vorgehen für eine erfolgreiche ERP Migration

Kaum ein Element eines Unternehmens, vom Besitzer oder Jahrzehntealten Geschäftsführer mal abgesehen, ist so schwer auszutauschen wie die Jahrzehntelang eingefahrene und erprobte Warenwirtschaft.

Und doch kommt für jedes Unternehmen und jeden Unternehmer irgendwann einmal der Zeitpunkt, wo technische Gründe oder über Jahre aufgestauter Frust über die technischen unzulänglichkeiten der eingesetzten AS/400, Siemens Nixdorf, über das Comet-System oder auch schon modernere Warenwirtschaften wie NTS Apollo, Baan,
Möglicherweise ist das eigene Unternehmen auch so weit und schnell gewachsen, das Lexware, Haufe und Sage oder die immer noch verbreiteten Excel mit Word oder gar Papierabrechnungen nun einfach nicht mehr reicht.

Es kann natürlich auch umgekehrt der Fall sein, das durch eine Unternehmensaufteilung oder Verkleinerung so Riesenboliden wie SAP oder MySAP nun einfach nicht mehr passen. Oder das MyFactory von anfang an nicht zum eigenen Unternehmen passten, wenn man eigentlich doch nur eine Stückliste brauchte.

Oder die Hoffnungen und Erwartungen an eine kostenlose Lösung wie JTL, WeClap und Odoo wurden dann doch nicht erfüllt.

Kurzum: Von Modernisierung, Personalausfall über Kosten oder auch nur geänderte Vorlieben & Ansprüche gibt es zahlreiche Gründe, eine neue Warenwirtschaft/ERP einzuführen.

Und das tut weh. Eingefahrene Gewohnheiten, liebgewordene oder bisher unentdeckte Fehler, fehlende Datenausgaben auf der abzulösenden Seite, fehlende Import-Schnittstellen auf der neuen ERP Seite, abgewandertes (oder gar verstorbenes) Fachwissen… Das sind nur einige der Geburtswehen, die man auf dem Weg zu einer neuen Warenwirtschaft, einem neuen ERP erleben wird.

Und meist ist so eine Umstellung auch mit enormen Kosten verbunden, sowie mit einem immensem Zeitaufwand. Und vielleicht auch noch ein Technologiewechsel, z.B. von einer AS/400 oder Siemens Nixdorf Quattro mit Comet zu Microsoft Windows oder Amazon/Azure Cloud.

Auswahl der Warenwirtschaft

Hier kann ich als Jahrzehntealter Navision Financials Attain/ Microsoft Business Central 365 „Veteran“ ganz sicher keine neutrale Empfehlung geben: Die lautet bei mir immer: NAV. Und ich kann ja auch, zum Glück, nix anderes. Mach eines, mach es richtig. Es gibt aber neben Navision Financials & Microsoft Business Central 365 hunderte von anderen ERP (Enterprice Ressource Planing) und Warenwirtschaften alleine in Deutschland, noch mehr in der restlichen Welt. Wie bekommt man da einen Überblick?
Es gibt zahlreiche TOP x Listen, Reports, best Practice Studien. Kunden wie Sie versuchen sich mit riesigen „Featureritis“ Listen alles an Ausnahmen zu sichern, was in den letzten 3 Generationen im Unternehmen vorkam. Und schlimmstenfalls bekommen Sie dann auch noch ein ERP, welches mit Gewalt so kaputt gebogen wurde, damit es ihren Anforderungen entspricht – für entsprechend Geld.
Meine Empfehlung: Fragen Sie mal bei ihrem Wettbewerber, wenn das nicht in Frage kommt auf Unternehmertagungen oder befreundeten Geschäftsführern, für welches ERP diese sich entschieden haben, und warum… und vor allem: Würden Sie das heute wieder auswählen? Ein guter Entwickler, ein gutes Team hinter einer Softwarelösung ist wichtiger als das letzte bisschen exotischer Ausnahmebehandlungen. Wenn Sie so auch nicht sofort eine Empfehlung erhalten, so erhalten Sie auf jeden Fall ein Dutzend Systeme, die Sie aussortieren können – das ist ja auch schon etwas wert!
Nur auf eines würde ich setzen: Ihr System sollte sich -auch wenn Sie das nicht vorhaben- von Ihnen selbst weiterentwickelt werden können, also eine Entwicklungsumgebung bereit stellen. Und: Die Finanzbuchhaltung sollte ein integraler Bestandteil der Lösung sein, nicht so „Irgendwie mit dran“ oder „Suchen Sie sich eine aus“. Das schreibe ich hier mit über 30 Jahren Erfahrung mit Navision – schon von der DOS/OS2 Zeit her.

Auswahl der Technologie

Cloud oder nicht Cloud, das ist hier die Frage…
Obs edler im Gemüt, die Pfeil und Schleudern des wütenden Geschicks im eigenen Keller zu erdulden, oder, sich waffnend gegen eine See von Plagen, sich dann doch einmal in die Cloud zu wagen?

Bei Business central, so weit die gute Nachricht, haben Sie die freie Wahl – sogar später, im laufenden Betrieb ist ein Umzug von der einen auf die andere Technik nahezu schmerzfrei durchzuführen.

So viel vorweg: Ich bin kein Freund der Cloud. Doch am ende bin nicht ich der Entscheider, sondern Sie müssen diese treffen. Ich habe Ihnen hier daher mal ein paar Contras, aber auch einige Pros für und gegen eine Cloudlösung zusammen getragen. Nehmen Sie sich einen Tee und 30 Minuten Zeit… mindestens.

Wichtig ist, was hinten rauskommt – Auftragsbestätigungen, Lieferscheine, Rechnungen

Fangen Sie hiermit an! Gehen Sie mit einem potentiellen Partner ihre Belege durch. Was soll da drauf stehen, woher kommen diese Daten, wie wichtig sind diese? Schon hier können Sie oft die Spreu vom Weizen trennen. Keine Einheitenumrechnung, die Sie aber für Liter, Fäßer, Flaschen brauchen? Keine Zolltarifnummern, die Sie aber für bestimmte Kunden brauchen? Keine Vertretersteuerung/Abrechnung? Keine Sonderpreise? Mehrstufige Konditionen? Lange Artikelnummern? Kundenartikelnummern? Ihre Belege verraten sehr viel über ihre Unternehmensgeschichte, lassen Sie ihre Belege diese erzählen!

Entscheidend ist, was vorne reingeht – Import vorhandener Daten aus dem laufenden System

Auch wenn es weh tut: Geben Sie ihrem potentiellen Partner ihre Unternehmenshistorie, und lassen Sie sich (möglicherweise kostenpflichtig, das ist es aber wert!) mal zeigen, wie der sie in sein System holt.
„Dann holen wir zum Echstart 20 Studenten, die tippen schnell die Aufträge ein“? Finger weg! Das klappt nicht! Und: Sie wissen VOR dem Echtstart nicht, OB das klappt! „Wir haben hier einen Import-generator, damit können Sie ihre Daten aufbereiten und importieren.“ Finger weg! In der Regel setzt dies eine sehr umfassende Vorverarbeitung ihrer alten Daten vorraus, was bedeutet, dass Sie vor dem Echtstart nur rudimentäre Tests mit ihren Altdaten durchführen können: Ein Scheitern am Tag der Umstellung ist praktisch vorprogrammiert.